Veranstaltung vom 08. November 2002 in Stade




Zum zweiten Mal fand am 08. November 2002 die Veranstaltung "KulturKontakte" statt. Nach der Pilotveranstaltung in Lüneburg im letzten Jahr war das Stadeum in Stade der Treffpunkt für den Dialog zwischen Kultur und Wirtschaft.

Groß war das Interesse an der Initiative, die von der Bezirksregierung Lüneburg initiiert und als Gemeinschaftsprojekt mit der Handwerkskammer Lüneburg-Stade und den Industrie- und Handelskammern Lüneburg-Wolfsburg und Stade durchgeführt wurde.



Bereits zum festlichen Auftakt der Veranstaltung, die in diesem Jahr vom Landschaftsverband Stade getragen und gemeinsam mit der Bezirksregierung Lüneburg organisiert wurde, waren mehr als 400 Gäste ins Stadeum gekommen, darunter über 100 WirtschaftsvertreterInnen und 50 Kulturinstitutionen aus dem gesamten Regierungsbezirk.
Auch in diesem Jahr hat Dr. Susanne Knorre, Ministerin für Wirtschaft, Technologie und Verkehr die Veranstaltung in Stade offiziell eröffnet und für das Fortkommen des "im Land einmaligen" Projektes alle Hilfe angeboten.



Den Kontakt von Wirtschaft und Kultur zu intensivieren und dafür neue Impulse zu geben haben wir im Vergleich zum Vorjahr deutlich verstärken können. Unsere Erwartungen wurden sogar deutlich übertroffen. Dies macht Mut und gibt Motivation diesen Prozess im Rahmen der Aufgabe "Regionalmanagement" der Bezirksregierung Lüneburg fortzusetzen und zu intensivieren.

Dieses zunächst auf drei Jahre angelegte Projekt, das für diesen Zeitraum unter der Schirmherrschaft des Ministers für Wissenschaft und Kultur Thomas Oppermann steht, geht im nächsten Jahr in die entscheidende Phase. Wir werden diskutieren, wie ab 2004 die Durchführung finanziert und organisiert, wie zukünftig die Akzente gesetzt werden sollen.



Wichtig ist, dass sich viele an diesem Prozess beteiligen und sich Kultur und Wirtschaft aktiv einbringen. Das Engagement des Einzelnen ist wichtig für das kulturelle Umfeld. Das kulturelle Umfeld ist wichtig als Standortfaktor für die Wirtschaft und dient der Identifikation der Bevölkerung mit der Region.



Die 2. Dokumentation kann bei der Projektleitung angefordert werden.


Vorträge


Kultur und Wirtschaft - eine Partnerschaft zu beiderseitigem Nutzen!

Brigitte Feldtmann,
Feldtmann kulturell gem. GmbH, Hamburg





Beginnen möchte ich mit meinem persönlichen Hintergrund:
Gegründet hat die Firma im Jahr 1900 mein Großvater Heinrich Feldtmann. Das Unternehmen wurde bis zu meinem Ausscheiden als Familienunternehmen geführt.
Der Feldtmann Röhrenhandel ist spezialisiert auf:
  • Haus-, Hof- und Straßenentwässerung
  • Wasser- und Gasversorgung

Die Fachberatung steht im Mittelpunkt.

Am 20. März 2000 konnten wir das 100 jährige Bestehen des Unternehmens feiern, das sich in dieser Form bewährt hatte. Die Firma ist marktführend in der Region Norddeutschland und hat Standorte neben Hamburg in Kiel, Schwerin und Rostock. Mit 155 Mitarbeitern werden 115 Mio DM Umsatz erwirtschaftet.

Zu meiner Person in Kürze:
Geboren wurde ich 1939. Ich schloss das humanistische und musisch ausgerichtete Gymnasium mit Abitur ab.
Der frühe Tod des Vaters war für mich berufswegentscheidend. Es folgte 1961/63 die Lehrzeit als Industriekaufmann. Sehr früh musste ich bereits Verantwortung als Juniorchefin übernehmen. Meine musischen Interessen musste ich zurückstellen. Es folgte das Ausscheiden der Mutter als Seniorchefin. 1975 wurde ich dann Alleingesellschafterin.
Meine persönlichen Neigungen und Aufgabenfelder liegen in den Bereichen: Organisation, Menschenführung, Marktpolitik, Bauen und Architektur.

Nachfolgeregelung:
Seit 1990 begann ich mit dem Aufbau eines Juniornachfolgers. Dies scheiterte leider. Die Entscheidung, das Unternehmen zu verkaufen, war schmerzlich und bedurfte einer langen und sorgfältigen Vorbereitung. Es folgte die Übergabe an den besten Bewerber: den Familienkonzern C & G. 40 Jahre Unternehmensführung gehen schnell vorbei, sind aber genug (auch für das Unternehmen).

Begleitmusik:
1990 begann ich, auch aus Freude am schönen Betriebsgebäude, private Erfahrungen mit Festspielen umzusetzen und Konzertveranstaltungen im eigenen Betrieb im Lichthof und im Fasskeller durchzuführen.
Es folgte die Ausweitung auf weitere geschäftliche Regionen (bis heute 70 Konzerte im eigenen Haus, mehr als 20 außer Haus in Schwerin, Ahrensburg, Rendsburg).
Anstelle von Eintrittsgeldern wurde um Spenden gebeten, die z. B. zur Förderung der Denkmalpflege in Mecklenburg-Vorpommern (Großprojekt "Alexandrine") eingesetzt wurden.
Es kam schließlich zur Gründung von Feldtmann Kulturell gem. GmbH mit der Spezialisierung auf musikalische Nachwuchsförderung, zeitgenössische Musik und Denkmalpflege.
Als öffentliche Anerkennung erhielt ich für 10 Jahre Kulturförderung am 1. April 2000 den KulturMerkur, der von der Handelskammer Hamburg und der Hamburgischen Kulturstiftung vergeben wird.

Fortführung des kulturellen Engagements im Unruhestand:
  • Die Fortführung der Konzertveranstaltungen im eigenen Betriebsgebäude habe ich beibehalten.
  • Ich wirke bei der Prüfung und Mitwirkung bei Großprojekten mit. Wichtig ist die anschließende Ergebniskontrolle.

Eine Auswahl von Förderprojekten 2002 und 2003:
  • Kammermusikkurs in Schleswig-Holstein Nordkolleg
  • Jugendmusikprojekt in Hamburg
  • Jugendakademie "Sommerliche Musiktage Hitzacker"
  • Förderung des Konservatoriums in Schwerin
  • Unterstützung von laufenden Initiativen, die der kulturellen Bildung der Jugend dienen

Beweggründe für Mäzenatentum:
Vorbilder waren die Eltern, Freund Körner, Stifter Körber.
Ich möchte selbst als Vorbild wirken.

Motivation im Unruhestand:
  • Tätigkeit in Stiftungen
  • Öffentlichkeitsarbeit
  • Imageförderung für das Unternehmen
  • Gemeinwohl vom Familienunternehmen auf die Gesellschaft übertragen

Botschaft an das Auditorium und an die Unternehmer im Saal, die ich allerdings hinterher im Gespräch vermisst habe (nachträgliche Anmerkung Brigitte Feldtmann):
  • Man ist dem Gemeinwohl verpflichtet als Unternehmer. Dabei kommt es nicht auf die Höhe des Geldbetrages allein an.
  • Man muss fachlichen Sachverstand entwickeln, Nischen suchen, die einem selbst Spaß bringen.
  • Man muss in der Spezialisierung Profil gewinnen, um damit gezielt z. B. kulturelle Bildung zu fördern und Initiativen zu unterstützen.
  • Die Nachhaltigkeit der Investition muss dabei wie im Unternehmen überprüft werden.

ZITAT KulturMerkur:
"Jeder Unternehmer, Manager kommt im Laufe seines (erfolgreichen) Lebens an den Punkt, an dem er sich fragt: Wo kann ich über den eigenen Firmenradius hinaus einen politischen, nützlichen Beitrag leisten. Kulturförderung ist für mich ein Beitrag zum Gemeinwohl. Der Nutzen ist nicht in Geld messbar; dem Image und dem eigenen Selbstwertgefühl verleiht er Kraft und Stärke."


Kultur und Wirtschaft - eine Partnerschaft zu beiderseitigem Nutzen!

Götz von Engelbrechten,
Vorstandsvorsitzender der Nordzucker AG, Braunschweig




1. Einleitung:
Kultur und Wirtschaft - eine Partnerschaft zu beiderseitigem Nutzen!

Die Behandlung dieser Thematik soll gegenwartsbezogen erfolgen, obwohl es reizvoll wäre, die historischen Wurzeln des Beziehungsgeflechts Kultur und Wirtschaft aufzuzeigen und hieraus unter dem Motto: "Ohne Herkunft keine Zukunft" Schlussfolgerungen zu ziehen. Aber dafür fehlt die Zeit, d. h. Ausgangslage und Perspektiven des Verhältnisses von Kultur und Wirtschaft sind für unser gemeinsames Verständnis naheliegender. Trotzdem möchte ich drei Thesen an den Anfang meiner Ausführungen stellen.

1. Der Begriff Kultur in seinem historischen Kontext schließt Wirtschaft mit ein oder anders ausgedrückt, ohne Wirtschaft wäre die Entwicklung großer Kulturen vor und nach Christi undenkbar gewesen! Bezeichnenderweise sind diese Hochkulturen aus den sogenannten Ackerkulturen entstanden, die den Wechsel von sammelnden und jagenden Nomaden in die Sesshaftigkeit markierten und nur durch die Nutzung der Produktionsfaktoren dauerhaften Wohlstand erlangten und vielfältige, zunächst streng religiös gebundene kulturelle Leistungen hervorbrachten.
2. Partnerschaft zwischen Kultur und Wirtschaft ist kein Novum, sondern ein Phänomen, das die europäische Kulturgeschichte bestimmt und geprägt hat und seinen Niederschlag in der bildenden Kunst, in Literatur und Musik gefunden hat. Heinrich Heine wurde jahrelang durch den reichen Onkel in Hamburg finanziell unterstützt und hatte dadurch die wirtschaftliche Unabhängigkeit, um als einer unserer großen Dichter zu wirken.
Auf dem Marktplatz in Bremen steht gegenüber dem prachtvollen Rathaus das Haus Schütting, die heutige Handelskammer. In sichtbarer Symbiose verbindet das Haus Schütting Kultursinn mit kaufmännischem Erfolg. Das Haus dokumentiert in norddeutsch gebremster Prachtentfaltung gleichermaßen das Selbstbewusstsein der großen Bremer Kaufmannsfamilien, die gegenüber der staatlichen Gewalt nicht zurückstecken wollten, wie auch deren ausgeprägten Kultur- und Gemeinsinn.

Die Medici's in Florenz waren Unternehmer und Mäzene zugleich und haben uns zahlreiche steinerne und marmorne Zeugnisse der Renaissance hinterlassen, vor denen wir heute noch staunend stehen.
3. Der Wohlfahrtstaat (mit seinen sichtbaren Spätfolgen, immer mehr "Privat" in immer mehr "Staat" umzuwandeln und den Begriff der Gleichheit gegenüber dem Begriff der Freiheit zu favorisieren), hat große Teile des Kulturbetriebs vereinnahmt und damit über viele Jahre private Initiativen weitgehend erlahmen lassen.
Aufgrund der in Deutschland vorhandenen hohen Steuerlast ist der Staat dabei moralisch geradezu verpflichtet, weit mehr als die kulturelle "Grundversorgung" für die Bürger bereit zu stellen. In den letzten Jahren stößt der Staat jedoch aufgrund seines vielfältigen versorgungsorientierten und wohlfahrtsstaatlichen Engagements und seines dabei nicht immer effizienten Mitteleinsatzes zunehmend an finanzielle Grenzen und ist auf die Wirtschaft angewiesen, wenn es nicht zu Verödungen in der Kulturlandschaft kommen soll. Die traditionell enge Verflechtung der Kultur mit allen anderen Lebensbereichen rechtfertigt es aus meiner Sicht, dass sowohl Staat als auch Wirtschaft die Kultur zu ihrem Anliegen machen.

Nach diesen einleitenden Ausführungen möchte ich meinen Vortrag wie folgt untergliedern: Gestatten Sie mir zunächst kurz einige Worte zu meinem persönlichen und beruflichen Hintergrund. Anschließend möchte ich die Kulturfinanzierung in Deutschland und dabei insbesondere das Kultursponsoring schlaglichtartig beleuchten, bevor ich mit einigen kritischen Anmerkungen zum Verhältnis von Kultur und Wirtschaft und daraus abzuleitenden Forderungen abschließe.

2. Persönlicher und beruflicher Hintergrund
Wenn man sich dazu entschließt, einen solchen Vortrag zu halten ist es, glaube ich, notwendig, kurz den eigenen persönlichen Hintergrund zu schildern:

Als Chef der Nordzucker AG führe ich seit rund 11 Jahren ein Unternehmen mit 20.000 Rüben anbauenden Aktionären, die als landwirtschaftliche Unternehmer für die Erhaltung unserer vielgestaltigen Kulturlandschaft verantwortlich sind und damit einen neben ihrer ökonomischen Zielsetzung wichtigen landeskulturellen Beitrag leisten.
Ich erinnere in diesem Zusammenhang an die Werke unserer großen Schriftsteller im 19. Jahrhundert, die in Lyrik und Prosa immer wieder die abwechslungsreiche Schönheit von Wald, Feld und Flur gepriesen haben. Ohne eine funktionierende Landwirtschaft würde sich das kulturelle Leben zunehmend weiter auf die Städte verlagern, deren verbindende Verkehrsadern durch immer mehr Wald und lediglich Inseln bestimmter Leitunkräuter (wie z. B. Brennnessel und Distel) führen würden.
Ich selber bin mit Land und Landschaft eng verbunden und sehe daher unter anderem in der Kulturpflege alter Bauernhäuser, Kirchen und Gutshäuser - in der Regel auf Basis persönlicher oder privater finanzieller Initiative - einen wichtigen kulturellen, vielfach viel zu wenig beachteten Beitrag zur Erhaltung gerade eben dieser Kulturlandschaft.
Auch für mein Unternehmen, die Nordzucker AG, gilt, dass Wirtschaft und Kultur in engem Dialog miteinander stehen und sich gegenseitig befruchten - in unserem Fall speziell mit Schwerpunkt in den ländlichen Regionen. Die Nordzucker AG konzen-triert sich neben der Unterstützung von Forschungs- und Entwicklungsarbeiten, die sich mit der Weiterentwicklung bestimmter Bereiche der Landwirtschaft in ökonomischer und ökologischer Hinsicht beschäftigen, auf die gezielte Kulturförderung an den Standorten unserer Werke bzw. Zuckerfabriken. Dazu gehörte beispielsweise ein Sponsoring des "Hundertwasser-Bahnhofes" in Uelzen oder die Beteiligung an der James-Rizzi-Ausstellung dort. Aus meiner Sicht ist das kulturelle Umfeld auch immer ein nicht zu unterschätzender Standortfaktor für die Wirtschaft.

2. Kulturfinanzierung in Deutschland
Lassen Sie mich nun kurz die Dimensionen der Kulturförderung in Deutschland skizzieren, wenngleich es nur schwer möglich ist, die private Kulturförderung in der Bundesrepublik verlässlich und umfassend in Zahlen darzustellen. Die Aussage, dass die private Kulturfinanzierung in Deutschland zwischen 7 und 10 Prozent der öffentlichen Kulturfinanzierung ausmacht, scheint aber vertretbar.

Vier Formen der privaten Kulturfinanzierung kann man voneinander abgrenzen. Die Unterscheidung ist sowohl inhaltlich als auch rechtlich und steuerlich begründet, wobei die Überschneidungen vor allem in der praktischen Umsetzung vielfältig sind:
1. Spenden aus privaten Haushalten und Unternehmen
2. Zuwendungen durch Stiftungen
3. Sponsoring
4. Werbung

Auf das Thema Werbung in Verbindung mit Kunst und Kultur werde ich hier nicht weiter eingehen. Auch zahlenmäßig ist dieser Bereich nicht genau erfasst.

Zu den Spenden:
Die Zuwendungen aus privaten Haushalten und Unternehmen sind - wie schon gesagt - zahlenmäßig nicht genau erfasst.
Das Spendenaufkommen in Deutschland betrug aber nach Schätzungen einer EMNID-Studie im Jahr 2000 insgesamt, d. h. private Spenden und Unternehmensspenden, 5 Milliarden Euro. Nach Schätzungen fließt jedoch davon nur 1 Prozent, d. h. 50 Millionen Euro, maximal in die Kultur. Der Stifterverband für die deutsche Wissenschaft geht davon aus, dass im Jahr 2000 insgesamt, d. h. in den Bereichen Wissenschaft, Kultur und Soziales, ca. 600 Mio � an Unternehmensspenden flossen.
Spenden bzw. Zuwendungen sind eine Form der Kunst- und Kulturförderung, die von Privatpersonen oder Unternehmen getätigt werden. Beweggrund hierfür ist die gesellschaftliche Verantwortung, die die Geber übernehmen wollen.

Zu nennen sind hier vor allem auch die vielen Fördervereine der Museen und Theater, private Spender und Wirtschaftsunternehmen, die einen unverzichtbaren Beitrag zur Förderung von Kunst und Kultur leisten. Sie tun dies aus freiem Antrieb, aus Einsicht in die gesellschaftliche, politische und soziale Bedeutung von Kunst und Kultur, aus traditioneller oder familienbezogener Verpflichtung oder einfach aus Begeisterung.

Zu den Stiftungen:
Im Gegensatz zur einmaligen Spende bieten Stiftungen gerade im Sinne der langfristigen Förderung Vorteile. Sie fördern Kunst und Kultur dauerhaft aus ihrem eigenen Vermögen heraus. Stifter und Spender erwarten vom Empfänger keine Gegenleistung. Hier handelt es sich um die klassische Form der mäzenatischen Förderung, die vorwiegend aus altruistischen Motiven erwächst.
Die Erträge aus privaten Stiftungen betrugen im Jahr 2000 insgesamt 1 Milliarde Euro. Laut Verzeichnis deutscher Stiftungen 2000 berücksichtigen 13 Prozent aller Stiftungen Kunst und Kultur in ihrem Satzungszweck. Daraus könnte geschlossen werden, dass ca. 125 Millionen Euro von Stiftungen für Kultur ausgegeben werden.

Zum Sponsoring:
Beim Thema Sponsoring will ich zunächst den Aspekt Kultursponsoring ein wenig näher betrachten. Um die Dimension dieser Form der Kulturförderung zu benennen, auch hier eine Zahl: Man geht davon aus, dass rund 350 Millionen Euro jährlich in Form von Kultursponsoring durch Unternehmen ausgegeben werden.

3. Kultursponsoring
Lassen Sie mich nun auf die aus meiner Sicht interessanteste Ausprägung des Austausches zwischen Kultur und Wirtschaft ausführlicher eingehen: sie findet ihren Ausdruck im Kultursponsoring.

Die Gestaltungsformen des Kultursponsorings sind vielfältig geworden. Kultursponsoring wird von Unternehmen unterschiedlichster Größe und Branchen verstärkt als flankierende Maßnahme zu den Instrumenten der klassischen Werbung und Unternehmenskommunikation eingesetzt.
Die Notwendigkeit von Kultursponsoring wird deutlich, wenn man sich Folgendes vor Augen führt: Die Kommunikation im klassischen Sinn ist durch die zunehmende Flut von Informationen schwieriger geworden. Die Verbraucher nehmen Botschaften deshalb immer selektiver wahr. Komplexität, Unüberschaubarkeit, Unverständlichkeit und Anonymität nehmen zu. Die Mehrzahl der Unternehmen ist heute - auch im Zuge der Globalisierung - nicht mehr in der Lage, den Bekanntheitsgrad ausschließlich über Produkte zu vermitteln. Sie bedürfen gegenüber einer immer kritischer werdenden Kundschaft und Öffentlichkeit zusätzlicher Assoziationsmechanismen.
Parallel dazu wird im Rahmen des Wertewandels von der Öffentlichkeit und bestimmten Meinungsträgern und Meinungsmachern gefordert, dass neben der effizienten Güterversorgung und der Gewährleistung eines hohen quantitativen Wirtschaftswachstums auch die Rücksichtnahmen auf ökologische, politische, soziale, kulturelle und humanitäre Belange, also eine Übernahme einer gesellschaftlichen Verantwortung durch die Unternehmen stattfindet. Diesem wachsenden öffentlichen Druck können und wollen sich Unternehmen nicht entziehen, wenn Augenmaß und Entscheidungsfreiheit gewahrt bleiben. Von daher treten als Ausdruck eines modernen Bürgersinns starke und durchaus legitime wirtschaftliche Beweggründe, sich außerhalb des unmittelbaren Geschäftszweckes zu engagieren, an die Seite - aber keineswegs an die Stelle - der prinzipiell nicht auf Gegenleistungen bedachten Philanthropie.
Sponsoring gehört mittlerweile zur Unternehmenskultur und ist - im Gegensatz zum sogenannten Mäzenatentum - ein Geschäft, das auf Leistung und Gegenleistung beruht. Sehr häufig liegt dem Sponsoring eine vertragliche Vereinbarung zugrunde. Es besteht eine gegenseitige Nutzenerwartung: Einerseits auf der Seite der Künstler, die durch den Sponsoringvertrag ihr Projekt ausführen oder generell ihre Arbeit fortführen können. Andererseits auf Seiten des Sponsors, der Sponsoring als unternehmenseigenes Kommunikationsinstrument einsetzt und unternehmensbezogene Ziele der Werbung oder Öffentlichkeitsarbeit verfolgt.

Kultursponsoring ist dabei nur indirekt produktorientiert. Es richtet sich eher darauf, die Steigerung des Markenwertes, des Bekanntheitsgrades, der positiven Entwicklung des Firmenimages, der Kundenbindung und eine zusätzliche Motivation der Mitarbeiter des Unternehmens zu erreichen. Das Unternehmen wird durch das Sponsoring als Unterstützer oder Erhalter von kulturellen Einrichtungen öffentlich und bricht das staatliche Monopol als übermächtiger Kulturbehörde.
Bei einer Balance der unterschiedlichen Interessen beider Geschäftspartner und der entsprechenden Rezeption in den Medien bringt das Kultursponsoring aus meiner Sicht gute Voraussetzungen mit, sich auch in Deutschland als verlässlicher Faktor der Unternehmenskultur zu etablieren sowie zur Förderung eines lebendigen Kulturbetriebes beizutragen.
Wichtig erscheint mir an dieser Stelle aber auch der Hinweis, dass die Unabhängigkeit und Eigenständigkeit der Künstler und ihrer Ausdrucksformen durch die finanzielle Verbindung zur Wirtschaft nicht berührt werden sollte.

4. Kritische Anmerkungen zum Verhältnis von Wirtschaft und Kultur
Gestatten Sie mir nun noch eine subjektive Bewertung des Verhältnisses von Wirtschaft und Kultur.
Die Bedeutung des Kultursponsorings wird auch von der Politik anerkannt, um nicht zu sagen, die öffentliche Hand setzt zunehmend auf private Initiativen bei der Kulturförderung:
Zitat: "Unternehmen leisten als Kultursponsoren einen wichtigen und nicht mehr wegzudenkenden Beitrag zur kulturellen Vielfalt in Deutschland", so der ehemalige Kulturstaatsminister Julian Nida-Rümelin anlässlich eines Gesprächs mit dem "Arbeitskreis Kultursponsoring". (Dieser Arbeitskreis ist eine Initiative des "Kulturkreises der deutschen Wirtschaft im BDI", dem Dachverband der deutschen Wirtschaft, dessen niedersächsischer Landesvertretung ich als Präsident der Unternehmerverbände Niedersachsen seit Anfang des Jahres vorstehe.)

Problematisch ist aus meiner Sicht, dass der Staat sich aufgrund "leerer Kassen" zunehmend auf private Initiativen verlässt und selbst eine kulturelle Grundversorgung nicht überall mehr gewährleisten kann. Und dies, obwohl bei der derzeitigen Höhe der Steuern und Abgaben aus meiner Sicht sehr wohl ein Anspruch zumindest auf eine flächendeckende Grundversorgung besteht. Der Rückzug des Staates führt zu Planungsunsicherheit bei den Kulturbetrieben und Gestaltern von Kultur, die nicht immer der Qualität zuträglich ist.
Allerdings will ich als Vertreter der Wirtschaft und bekennender Anhänger der sozialen Marktwirtschaft nicht verhehlen, dass marktwirtschaftliche Mechanismen auch im kulturellen Sektor durchaus positive Effekte haben und zu höherer Effizienz der eingesetzten finanziellen Mittel führen können. Um es deutlich zu sagen: aus makroökonomischer Perspektive trägt Wettbewerb auch im Bereich der Kultur wohltuend dazu bei, dass die Maßstäbe der Wirtschaftlichkeit angewendet werden. Mir ist dabei jedoch bewusst, dass ein vielseitiges kulturelles Angebot nicht nur nach streng marktwirtschaftlichen Grundsätzen bereit gestellt werden kann und sollte.
Im Verhältnis von Kultur und Wirtschaft aus der betrieblichen, mikroökonomischen Sicht, muss allerdings der Gedanke von Leistung und Gegenleistung häufig erst noch an Akzeptanz gewinnen. Die Wirtschaft ist - zumal in der derzeit konjunkturell so schwierigen Phase - im höchsten Maße auf einen möglichst effizienten Einsatz ihrer finanziellen Mittel angewiesen. Insofern wird das kulturelle Engagement von Unternehmen häufig auch in den Entscheidungsgremien nur dann mit getragen, wenn ein erkennbarer Nutzen für das Unternehmen, d. h. eine Gegenleistung durch die Kulturförderung deutlich wird.
Aus Sicht der Wirtschaft wird das finanzielle Engagement für die Kultur leider nicht immer belohnt, da das Sponsoringklima hierzulande noch nicht überall günstig ist: Zum Beispiel werden in den Medien die Kultursponsoren im Gegensatz zu Mäzenen und Stiftern nach wie vor nur selten genannt.
Exkurs: An dieser Stelle aus aktuellem Anlass ein Wort zu der Frage der steuerlichen Anerkennung von gemeinnützigen Aktivitäten der Unternehmen:

Dem Anliegen gemeinnütziger Projekte hat die jüngste Diskussion der Bundesregierung über die Kürzung der steuerlichen Absetzungsmöglichkeit von Spenden bei Kapitalgesellschaften großen Schaden zugefügt. Wie Sie wissen, hatte die Bundesregierung vor, die bisherige Praxis zu ändern, so dass künftig das gemeinnützige Engagement von Unternehmen nicht mehr steuermindernd angesetzt werden kann.
Mit Erleichterung habe ich nun die Aussage von Bundeskanzler Gerhard Schröder vom 25. Oktober zur Kenntnis genommen, dass der Spendenabzug für Unternehmen entgegen den Plänen des Bundesfinanzministers erhalten bleibt. Zahlreiche kleine Stiftungen und gemeinnützige Organisationen, die auf Spenden von Unternehmen angewiesen sind, sahen ihre Wirksamkeit und Existenz schon bedroht. Freilich hat die Entwicklung und Diskussion der letzten Wochen deutlich gemacht, dass das Vertrauen der Bürger und der Wirtschaft in die Versprechen des Staates gelitten hat, es sei ihm ernst mit der Förderung des bürgerschaftlichen Engagements.
Mir scheint, der Staat handelt hier nach der Devise "Wasch mir den Pelz, aber mach mich nicht nass." Es bleibt das Geheimnis der neuen und alten Bundesregierung, wie sie angesichts leerer Staatskassen und der daraus resultierenden faktischen Notwendigkeit privatwirtschaftlichen Engagements für die Kultur just dieses Engagement der Unternehmen beflügeln will. Ich als Unternehmer fühle mich durch diese Diskussion in meinem gesellschaftlichen Engagement jedenfalls nicht gerade ermutigt.

5. Forderungen aus Sicht der Wirtschaft
Zusammenfassend möchte ich festhalten: Wenn man anerkennt, dass Kultursponsoring ein notwendiger Teil des Engagements der Wirtschaft für die Kultur und damit für die Zukunft unserer Gesellschaft ist, muss es das Ziel von Politik, Wirtschaft und Kultur sein, verstärkt Unternehmen zu gewinnen, die sich engagieren und einen komplementären Beitrag zur Kulturfinanzierung leisten. Dieses Engagement bedarf dann auch verlässlicher steuerlicher Rahmenbedingungen sowie einer verstärkten Anerkennung durch die Öffentlichkeit und in den Medien.

Auch die Öffentliche Hand ist im übrigen an dieser Stelle gefordert: die Verwaltung muss durch eine intensive Beratung der Kulturinstitutionen einen Beitrag zur effizienten Finanzierung des von uns allen gewünschten Kulturangebots leisten. Insgesamt wird es notwendigerweise auf allen Seiten zu einer stärkeren Professionalisierung im Bereich der Kulturfinanzierung und insbesondere des Kultursponsorings kommen müssen. Aber letztlich ist Kultursponsoring eine Resultante der nationalen wirtschaftlichen Entwicklung, d. h. rückläufiges Wachstum, Zunahme von Insolvenzen und nachlassende Kaufkraft zwingen Unternehmen, zunächst nicht betriebsnotwendige Aktivitäten unter dem Überlebensaspekt verstärkt unter die Lupe zu nehmen.
Dazu gehört das Kultursponsoring.

Trotzdem: Es muss unser Ziel sein, eine Atmosphäre zu schaffen, in der die vielfältigsten Kooperationen zwischen Kultur, Wirtschaft und Öffentlicher Hand entstehen können. Die heutige Veranstaltung ist in diesem Sinne ein wichtiger Beitrag zur Erreichung dieses Ziels.